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80 Jahre nach Kriegsende – Verbleib ungeklärt: Die Kunstsammlung von Johanna und Julius Ferdinand Wollf, Dresden

von Barbara Bechter

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Am 8. August 1942 wurde im Kunstgewerbemuseum Dresden eine hochkarätige Sammlung europäischer und ostasiatischer Kunstwerke „aus dem Nachlaß des Juden Israel Wollf, Dresden“ inventarisiert. Bei dem genannten „Israel Wollf“ handelt es sich um den 1871 in Koblenz geborenen Julius Ferdinand Wollf, der 1903 mit seiner Ehefrau Johanna Sophie, geborene Gutmann, nach Dresden zog. Dort übernahm er als Geschäftsführer den Verlag der „Dresdner Neuesten Nachrichten“, der auflagenstärkste Tageszeitung Sachsens. Als Theaterkritiker und Chefredakteur sowie durch seine Mitgliedschaft in zahlreichen Verbänden war Wollf für die kommenden 30 Jahre prägend für das kulturelle Leben der Stadt.

Fotografie von Julius Ferdinand Wollf, im Hintergrund ein Brief Wollfs an Herbert Eulenberg © Nachlass Herbert Eulenberg, Heinrich-Heine-Institut, Rheinisches Literaturarchiv, Düsseldorf (Brief), Der Westen, Zeitschrift für Wirtschaft und rheinisches Leben und Kölner Messe- und Ausstellungszeitung, Köln, 12. Mai 1928

Zu seinem weit gespannten Netzwerk an Freunden aus Politik, Wirtschaft und Kultur gehörten etwa der deutsche Außenminister Gustav Stresemann, der Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann oder der Odol-Fabrikant Karl August Lingner. Das Ehepaar Wollf bezog 1916 eine Villa an der Südseite des Großen Gartens. Ihre repräsentative Kunstsammlung mit zahlreichen Ostasiatica und Gemälden von Oskar Kokoschka, Oskar Moll, Jules Pascin und Auguste Renoir wurde als „mit die wertvollste in Dresden“ beschrieben.

Beispiele der 1942 beschlagnahmten und im Kunstgewerbemuseum Dresden inventarisierten Sammlung Wollf. 1974 wurden diese Werke der Porzellansammlung Dresden übergeben und 2008 restituiert © Koller Auktionen Zürich 2012

Gleich nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 wurde Wolff mit einem Berufsverbot belegt und vom gesamten kulturellen Leben der Stadt ausgeschlossen. Nach jahrelangen Repressalien durch die Nationalsozialisten schied Julius Ferdinand Wollf 1942 zusammen mit seiner Frau aus dem Leben. Die Erinnerung an das Lebenswerk und das Eigentum des Paares ist in Dresden nahezu ausgelöscht, die Kunstsammlung fast vollständig verschwunden.

Das 1929 in Dresden ausgestellte Stillleben aus der Sammlung des Ehepaars Wollf: Oskar Moll (signiert unten links), Stillleben mit Krügen, Früchten und Blumen (später Stillleben mit Türkenbund), um 1917, Öl auf Leinwand, 80 x 70 cm, Verbleib unbekannt © R.N. Ketterer Stuttgarter Kunstkabinett, 32. Auktion Moderne Kunst (21. und 22.11.1958), S. 110, Nr. 689 und Taf. 21

In einem ausführlichen Beitrag unter der URL https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/9477/ wird auf das Leben der Wollfs in Dresden, die Ausstattung ihrer Villa in der Palaisstr. 6, die Enteignung und Inventarisierung eines kleinen Teils ihrer Kunstsammlung im Kunstgewerbemuseum 1942, dessen Auslagerung und Kriegsverluste 1944/45 sowie die Dresdner „Judenhäuser“ eingegangen. In einem Anhang wird der Versuch unternommen, die Sammlung des Ehepaars Wollf zu rekonstruieren – deren Verbleib auch 80 Jahre nach Kriegsende ungeklärt ist. Der Beitrag ist online verfügbar und zitierfähig.

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80 years after the end of the war – whereabouts unknown.
The art collection of Johanna and Julius Ferdinand Wollf, Dresden
Born in Koblenz in 1871, Julius Ferdinand Wollf became the managing director of the ‘Dresdner Neueste Nachrichten’ publishing house in 1903, the highest-circulation daily newspaper in Saxony. As theatre critic and editor-in-chief, in addition to his membership in numerous associations, Wollf had a formative influence on the cultural life of the city for the next 30 years. His extensive network of friends from politics, business and culture included German Foreign Minister Gustav Stresemann, Nobel Prize winner Gerhart Hauptmann and Odol manufacturer Karl August Lingner. The Wollf couple moved into a villa on the south side of the Großer Garten in 1916. Their prestigious art collection with East Asian artworks and paintings by Oskar Kokoschka, Oskar Moll, Jules Pascin and Auguste Renoir was described as ‘one of the most valuable in Dresden’.

Ausstellungskatalog Dresdner Privatbesitz. III. Jubiläumsausstellung Sächsischer Kunstverein, Dresden 1929 mit den beiden von J. F. Wollf eingereichten Werke von Oskar Moll (Verbleib unbekannt) und Jules Pascin (Chicago, Privatbesitz).

After the National Socialists came to power in 1933, Wolff was banned from his profession and excluded from the entire cultural life of the city. After years of threats and reprisals, Julius Ferdinand Wollf and his wife took their own lives in 1942. The memory of the couple’s life work and property has been virtually erased in Dresden, their art collection has almost completely disappeared.
A detailed article (in German) deals with the Wollfs’ life in Dresden, the furnishings of their villa at Palaisstrasse 6, the expropriation and inventory of a small part of their art collection in the Museum of Decorative Arts in 1942, its removal and wartime losses in 1944/45 as well as the Dresden “Judenhäuser” (lit. „Jewish houses“ into which Jews were forced to live in overcrowded conditions). In an appendix, an attempt is made to reconstruct the Wollf couple’s art collection – the whereabouts of which are still unknown 80 years after the end of the Second World War. The article is available online at the URL https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/9477/ and can be quoted.


Barbara Bechter ist Provenienzforscherin bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. / Barbara Bechter is a provenance researcher at the Dresden State Art Collections.


OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
RETOUR - Freier Blog für Provenienzforschende (9. April 2025). 80 Jahre nach Kriegsende – Verbleib ungeklärt: Die Kunstsammlung von Johanna und Julius Ferdinand Wollf, Dresden. RETOUR. Abgerufen am 19. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/13pqx


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